Bandscheibe - Probleme & Therapie
23. Juli 2018
In diesem Blog geht es um Probleme der Bandscheibe und deren Therapiemöglichkeiten.
Informationen über den Aufbau und die Funktion unserer Bandscheibe findet ihr in unserem früheren Blog Bandscheibe – Aufbau & Funktion.
Krankheiten und Probleme
Das grösste Problem unserer Bandscheibe ist wahrscheinlich die chronische Unterbelastung. Durch unsere europäisch-westliche Wohlstandsgesellschaft leiden die meisten unter mangelnder Bewegung und dadurch auch mangelnder Belastung unserer Wirbelsäule und ihrer Strukturen im Alltag. Sobald man in die Schule kommt sitzt man für die meisten arbeiten und wir verbringen die meiste Zeit in dieser Position.
Ständig einseitige Belastungen wie auch permanente Überbelastung haben negative Auswirkungen auf die Bandscheiben und die Wirbelsäule: fehlen die Druckwechsel fehlen auch die einwirkenden Reize auf das Gewebe. Dadurch nehmen die Transportprozesse der Diffusion und der Osmose ab, Nährstoffe werden nur noch ungenügend transportiert und die Zellen produzieren (unter anderem auch durch den fehlenden piezoelektrischen Reiz) nicht mehr genügend Grundsubstanz.
Durch die Abnahme der Grundsubstanz wird auch die Spannung des Fasernetzwerkes der Bandscheibe geringer. Die dadurch grössere Verformbarkeit des Discus bringt eine stärkere Belastung der kollagenen Fasern und Strukturen mit sich!

Henry Vandyke Carter Henry Gray, Gray301, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons
Das geschwächte kollagene Netzwerk kann dann dem intradiscalen und mechanischem Druck oft nicht mehr genügend Standhalten und es kommt zu Verletzungen dieses Faser-Netzwerkes. Diese Verletzungen können zu einer Auswölbung der Bandscheibe (Protrusion) oder sogar zu einem Austreten von Bandscheibenmaterial (Prolaps) führen. Dadurch kann es anatomisch bedingt zu sehr empfindlichen und schmerzhaften Kompressionen und Einklemmungen von umliegenden Nervengewebe kommen, mit Ausstrahlungen und Parästhesien bis teils hin zu Sensibilitätsverlust und Lähmungserscheinungen.
In mittleren Jahren (zwischen 30 und 40) ist man am anfälligsten auf diese Problematik. Dies weil der Körper immer noch die Fähigkeit besitzt, sehr viel Wasser zu binden, die kollagenen Strukturen jedoch bereits in ihrer Qualität abgenommen haben.
Bulging
Wie in unserem Blog über Aufbau & Funktion bereits erwähnt, kann die Grundsubstanz seine maximale Aufnahmekapazität für Wasser nicht ausschöpfen, da dies durch das kollagene Netzwerk verhindert wird. Wir sehen in der Klinik häufig bei Personen mittleren Alters, dass Rückenbeschwerden häufig am Morgen gross sind, mit Schmerzen, Steifigkeit und teils Ausstrahlungen. Mit etwas Bewegung und Zeit werden die Beschwerden besser, um dann evt. gegen Abend wieder zuzunehmen.
Eine Erklärung könnte vom sog. Bulging-Effekt kommen: durch die Hydration der Bandscheibe im Liegen während der Nacht kommt es zu einer Druckerhöhung im Discus. Die Fasern können jedoch dem Druck speziell im Stehen nur ungenügend standhalten, wodurch eine Ausbeulung entsteht, welche die Beschwerden verursachen können. Durch Bewegung und Zeit wird Wasser aus der Bandscheibe gedrückt (Dehydration), wodurch der intradiscale Druck und die Auswölbung verringert wird und dadurch die Beschwerden abnehmen. Gegen Abend, wenn die Dehydration zu gross geworden ist und das Fasernetzwerk wieder erhöhter mechanischer Belastung ausgesetzt ist, nehmen die Beschwerden entsprechend wieder zu. Oft sind das erste Anzeichen einer überlasteten Bandscheibe, welche gerne in den Wind geschlagen werden.
Wie gross die Wasserbindungsmöglichkeiten der Bandscheibe ist, sieht man speziell bei jungen Leuten: sie sind am Morgen nach vollständiger Hydration der Bandscheibe messbar grösser als am Abend.

Henry Vandyke Carter Henry Gray, Gray661, als gemeinfrei gekennzeichnet
Bandscheiben im Alter
Durch normale Alterungsprozesse, den damit oft einhergehenden Aktivitätsverminderungen und zunehmenden Bewegungsmangel, erfolgt eine natürliche Degeneration der Bandscheibe. Durch die Abnahme der Syntheseaktivität der Zellen nimmt auch die Menge und Qualität der Grundsubstanz ab.
Dadurch kann die Bandscheibe im Alter weniger Wasser binden und trocknet mit den Jahren aus. Der Discus entwickelt sich so zu einer mehr homogenen faserknorpligen Struktur ohne klare strukturelle Aufteilung.

Henry Vandyke Carter Henry Gray, Gray313, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons
Dies geht mit einer Abnahme der Elastizität und der Beweglichkeit einher. Die Stabilität nimmt dadurch jedoch auch zu! Durch dieses Austrocknen treten im fortgeschrittenen Alter weniger bis fast keine Protrusionen (Auswölbung) und keine Prolapse (Austreten) mehr auf. Durch die anatomischen Gegebenheiten der Fazettengelenke der Wirbelkörper, welche einen Teil des Spinalkanals bilden, stehen dann vermehrt arthrotische bzw. degenerative ossäre Veränderungen mit Auswirkungen auf umliegendes Gewebe (knöcherne Verengungen, Spinalkanalstenosen) im Vordergrund, welche die neuralen Strukturen aber ebenfalls schmerzhaft einengen können.
Therapie
Ob und wie weit sich eine Bandscheibe regenerieren und somit auch heilen kann ist nach wie vor Gegenstand von Untersuchungen. Neuere Studien zeigen jedoch durchaus eine Regenerations- und Heilungsfähigkeit. Entscheidend dafür ist eine gezielte und adäquate Rehabilitation – und eine grosse Mitarbeit und Disziplin des Patienten, da die (bedenke die Turnover Zeit der kollagenen Strukturen!) vollständige Erneuerung einer verletzten Bandscheibe eine lange Zeit in Anspruch nimmt. Auch wenn man schneller wieder schmerzfrei ist! Hier liegt auch das Problem der Chronifizierung, da die meisten Patienten diesen Change of Lifestyle wie auch die Übungen und das Training nicht genügend lang durchziehen. Sobald erst mal der Schmerz abgeklungen ist, verfällt man wieder in alte Muster - mit bekannten und frustrierenden Auswirkungen.
Die teils lange Rehabilitation sollte sich an den physiologisch ablaufenden Stadien der Wundheilung orientieren. Eine erneute und ständige Schädigung des neu aufgebauten Gewebes durch Über- oder Fehlbelastung sollte vermieden werden. Häufige Positionswechsel zur regelmässigen Ent- und Belastung sowie eine aktive Haltung der Wirbelsäule mit einer allfälligen Haltungskorrektur fördern die physiologischen Reize auf die Bandscheiben. Weiter ist oft eine Stärkung der Muskulatur und Verbesserung der Koordination nötig, da sich auch diese durch einseitige Belastungen oder Fehlhaltung verschlechtert bzw. abgeschwächt hat.
Die Physiotherapeuten und Osteopathen bei BodyLab kennen die anatomischen und physiologischen Gegebenheiten und wissen bei Verletzungen oder Beschwerden / Problemen, welche therapeutischen Möglichkeiten bestehen. Gerne beraten und instruieren wir Sie bezüglich Trainings- und Übungsmöglichkeiten. Ist dies noch nicht (nach Operationen oder Verletzungen) oder nicht mehr möglich, kann mittels passiven Gelenkstechniken, teilweise unter Kompression oder Traktion, die Qualität und Funktion der Bandscheibe und der Wirbelsäulengelenke als Funktionseinheit verbessert werden und dadurch Schmerzen und Beschwerden reduziert werden.
Auch hier gilt einmal mehr: Leben heisst Bewegung!
Wenn Sie uns brauchen, wir sind gerne für Sie da!
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Osteopathie und Physiotherapie | Rehabilitation und Training
Zürich Altstetten
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Henry Vandyke Carter Henry Gray, Gray301, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons
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